28. März 2009

warum noch ein Blog?

viele Jahre schlummerten meine Reiseaufzeichnungen im Verborgenen, so dass selbst ich schon gar nicht mehr an sie dachte, fast völlig vergessen ebenso die Vielzahl von Fotos, die ich seinerzeit während des zweiwöchigen Aufenthaltes in Schottland aufgenommen habe (damals noch nicht digital, deshalb bitte ich, die schlechte Qualität zu entschuldigen ...
ich habe auch nur ein paar von ihnen für diesen Reisebericht abfotografiert)

heute nachmittag dann entdeckte ich zufällig bei Eric Schottland-Fotos, und genau das hat mich inspiriert, ein weiteres Blog zu eröffnen ... hier sind sie nun gut aufgehoben, meine ganz persönlichen Notizen

Rotel ... das rollende Hotel ?

Das ROTEL ermöglicht ein unabhängiges und individuelles Reisen. Es hat sich in den vielen Jahren seines Bestehens hervorragend bewährt. Die großen Bus-Expeditionen wären ohne das ROTEL nicht möglich. Auch abseits der touristischen Infrastruktur bietet das Rotelkonzept Komfort.

Das ROTEL hat nicht seinesgleichen auf der Welt. Es ist eine Erfindung von Georg Höltl (Patent Nr. 1223 705, Deutsches Warenzeichen 805 398, Internationales Markenzeichen 300 209 und internationale Patente). Zahlreiche Berichte in Tageszeitungen, Illustrierten, Film, Funk und Fernsehen haben die einzigartigen ROTEL-Reisen international bekannt gemacht. Wir haben über 3.500 'Betten auf Rädern' mit jährlich mehr als 600.000 Übernachtungen.

Das Kabinensystem ist bei allen unseren weltweit eingesetzten Fahrzeugen gleich. Es gibt Einzel- und Doppelkabinen, sodass wir Ihre Wünsche größtmöglich berücksichtigen können. Sie zahlen keinen Einzelzimmerzuschlag wie bei Hotelreisen. Die Kabinenverteilung wird vor Ort durch unseren ROTEL-Reiseleiter am ersten Reisetag vorgenommen. Ihre Kabine behalten Sie für die Dauer der gesamten Reise. Die Rotelkabine bleibt während der Fahrt geschlossen. Nach Ankunft am Übernachtungsplatz ist der Schlafraum innerhalb von fünf Minuten geöffnet. Die Rotelkabine ist praktisch eingerichtet und bietet genügend Platz. Jedes Kabinenfenster kann geöffnet werden und ist mit einem Vorhang ausgestattet. Die Kabinen haben jeweils eine eigene Beleuchtung. Ihr Reisekoffer wird im Kofferraum des Busses verstaut, bei unseren Allradfahrzeugen teilweise auch in der ROTEL-Kabine.ÜbernachtungsplätzeBei unseren Reisen auf allen Kontinenten wählen wir die jeweils bestmöglichen Übernachtungsplätze. Wir stehen in der Regel auf Campingplätzen, in manchen Ländern an Hotels, Lodges oder geeigneten Privathäusern. In einigen Ländern wird vereinzelt auch in freier Natur übernachtet. Unvergesslich sind Übernachtungen in der Wüste, in der Wildnis Patagoniens oder in der Serengeti.

ROTEL-Verpflegung Frühstück und Abendessen werden in unserer Rotelküche zubereitet. Zum Frühstück mit Kaffee, Tee, Brot, Butter und Marmelade bieten wir abwechselnd auch Eier, Wurst, Käse, Gebäck oder Müsli an. Abends gibt es ein warmes Hauptgericht mit Beilagen wobei wir uns bemühen, vorort möglichst frisch und landestypisch einzukaufen. Mittags wählen wir nach Möglichkeit Aufenthaltsorte, an denen Sie in landestypischen Lokalen preiswert essen oder sich wahlweise auch durch Einkäufe selbst verpflegen können. Sehr beliebt sind unsere Picknicks in freier Natur. Nur in besonderen Fällen (z.B. Mittagspause in der Wüste oder schwierige Verpflegungslage in einem Land) wird die Rotelküche auch mittags geöffnet.

Bei schönem Wetter werden Tische und Stühle bzw. Bänke im Freien aufgestellt. Bei Regen können Sie auch im Bus essen. Vor jedem Sitzplatz ist ein kleines Tischchen angebracht. Auch sind unsere Rotelanhänger mit Regen- bzw. Sonnendach ausgestattet.


Quelle: Rotel-Tours

Reiseroute und -gruppe



Reise-Nr. 196/301-06

Fahrer: Alois N. / Reiseleiterin: Ursula (Uschi) D.

TeilnehmerInnen:

Horst P.
Adelheid P.
Ilse L.
Marianne K.
Sabine W.
Renate H.
Gerda F.
Heiderose R.
Irmtraud B.
Karl-Heinz B.
Barbara B.
Erika F.
Karla K.
Anne Sch.
Maria B.
Johanna H.
Heinz H.
Marion G.
Lothar E.
Christine E.
Dorothea T.
Heinz Z.
Günther B.
Heike D.
Thomas K.
Wilhelm W.
Bernd G.
Horst K.
Jessica T.
Cindy K.
Klaus D.
Ingrid Sch.
Gertrud P.
Brunilde H.
Katharina W.
Theresia G.
Anna U.
Renate Sch.
Barbara K.
Carola R.

14. August 1996

kurz nach 8.00 Uhr
Sitze im ICE, falscher Zug, hält nicht in Frankfurt/Flughafen; Kontrolleur weist mich auf erhöhtes Entgelt hin; drückt noch einmal ein Auge zu und verlangt keine Nachzahlung; prompt macht der Stift "schlapp". Hoffe, daß dieser Beginn des Tages kein schlechtes Omen ist.

Das Wetter ist alles andere als schön. Sommernebel - eine gute Eingewöhnung auf Schottland.
In Koblenz steige ich um, damit bleibe ich auch wenigstens munter.


"Sommerhimmel
voller Grau
grauenvoll
Sonne umnebelt
grausam unterdrückt
das helle Gelb
ist es doch da"

Koblenz, Bahnhof, Gleis 4


12.50 Uhr Ortszeit Birmingham
Mittlerweile habe ich britischen Boden unter den Füßen. Eine Zwischenlandung hier in Birmingham war erforderlich. Um 13.25 Uhr geht es weiter nach Glasgow.


18.20 Uhr

Nach der Ankunft in Glasgow gab es die erste Berührung mit dem ROTEL. Schon lustig, wie dieser Bus aussieht.Es ging recht zügig weiter, Schnelligkeit ist übrigens eine große geschriebene Tugend unter den Rotelianern, ließ ich mir sagen. Jetzt ziehen wir also unsere Schlafzimmer hinter uns her ... auch unter den Insidern "rollende Särge" genannt. Kann mir nicht vorstellen, in diesen kleinen Kabinen zwei Wochen lang zu schlafen!


Wir fuhren in Richtung Loch Lomond, dem größten See Großbritanniens, durch eine beeindruckende Hochlandschaft weiter zum Loch Fyne und nach Inverary. Dort konnten wir kurz einen Blick auf Schloß Argyll erhaschen. Irgendwo nach Inverary mitten im Grünen müssen wir nun halten - gezwungenermaßen - der Diesel ist alle, oje!


Die Sonne scheint, es ist ziemlich warm im Bus. Gerade werden die Kabinen verteilt. Unser Fahrer, sein Name ist Alois, versucht den Bus zu starten - nach langem Hin und Her läuft er wieder. Beifall wird geklatscht - die Gruppe entwicklt das erste "Wir-Gefühl".
Neben mir sitzt Renate aus Oldenburg. Uschi, unsere Reiseleiterin, verteilt die Kabinen.
Über Glen Aray fahren wir zum Loch Awe und nach Oban, wo unser Campingplatz für die erste Nacht liegt.

15. August 1996

8.45 Uhr
Hier im "Bauch" der Fähre sitze ich wieder im Bus nach einer 3/4stündigen Überfahrt von Oban nach Mull (Insel Iona). Die frische Luft auf Deck war eine Wohltat. Endlich hatte ich Zeit, einige Fotos zu machen. Das Wetter ist ok - trocken - vereinzelt blinzelt die Sonne durch die Wolken und ließ das Wasser golden leuchten. Die Landschaft ist wunderbar. Nebel teilweise auf den niedrigen Bergen; das ist Schottland, wie ich es mir vorgestellt habe. Die erste Nacht war alles andere als erholsam, kurz obendrein und "verschnarcht". Von seinen Kabinennachbarn kann man wirklich alles hören ...! Eng war es in meiner Schlafkabine, in der man wirklich nur liegen kann, aufrecht sitzen ist nicht möglich! Erinnert mich an Ölsardinen in Büchsen ... Muß eben noch ein bißchen üben, habe ja schließlich noch 13 Nächte dafür Zeit. Fürs erste gibts wohl einige blaue Flecke, die man sich beim Klettern zur und aus der Kabine holt.

Um 5.00 Uhr ging der Wecker, danach raus in die Morgenfrische. Um 6.00 Uhr unter freiem Himmel frühstücken, einfach aber ok. Um 7.00 Uhr sind wir losgefahren. Das wird jetzt immer so sein. Rotel-Reisen bedeutet nun nicht unbedingt Erholung ...

15.00 Uhr
Gerade die Fähre nach Oban bestiegen. Es ist bedeckt, ein sanfter weicher Wind läßt die britische Fahne wehen; kalt ist es nicht. Eben habe ich schottische Plätzchen gekauft. Hier im Freien schmecken sie noch viel besser als zu Hause - schließlich ist man mitten drin in Schottland. Viel gesehen heute: alleine die Fahrt vom Hafen durch den Süden der Insel Mull war beeindruckend. Nach dem Übersetzen auf die Insel Iona spazierten wir zur Ruine des Augustinerinnen Klosters aus dem 12. Jahrhundert. Daneben gleich die Kathedrale und die frühere Benedektiner-Abtei (ebenfalls 12. Jahrhundert).

Habe mich irgendwann abgesetzt, um Fotos zu machen. Das hat mir gut getan - alleine mich frei bewegen zu können! Habe dabei auf dem naheliegenden Friedhof einige schöne keltische Kreuze mit wunderschönen Motiven entdeckt.

Die Luft tut unwahrscheinlich gut. Man kann hier richtig tief durchatmen. Viele viele wunderschöne Eindrücke müssen erst einmal verdaut werden. Zu viele - etwas weniger wären von Vorteil. Irgendwie ist alles noch wie ein Traum, aber es ist Realität! Hier bin ich mittendrin in Schottland und kann das wahrnehmen, was ich vorher nur erahnen konnte. Ich sehe Schottland, rieche, schmecke, spüre, höre ... Überrascht bin ich vom Wetter. Bisher hat es noch keinen einzigen Tropfen geregnet. Ich fühle mich hier wohl, es geht mir gut, auch wenn alle anderen Umstände "rotelmäßig" anstrengend sind.



Achja, das Grün. Obwohl man hier nicht von einem Grün sprechen kann. So viele verschiedene Grüntöne konnte ich wahrnehmen: dunkles, sattes, helles, von der Sonne beleuchtetes, von dunklen Wolken schattiertes ... es ist einfach wunderbar.

16. August 1996

kurz nach 8.00 Uhr
Das Klatschen der Regentropfen auf mein Fenster hat mich heute morgen geweckt. Da ist er, der Regen, der in Schottland wohl doch dazugehört. Unangenehm der Weg zur Toilette, naß von oben, naß von unten. Bei so viel Naß gab es heute morgen nur eine Katzenwäsche.

Es ist jetzt schon kurz vor 21.00 Uhr.
Voll bin ich noch von dem, was ich heute erlebt habe. Im Regen vorbei an nebelbehangenen Highlandbergen, satten Farben, Schafen und Rindern ... entlang dem Loch Linhe über Rannoch Moor in die wunderbare Bergwelt von Glencoe, in das Tal der Tränen, auf das Feld einer heimtückischen Schlacht der Campbells mit den Mc Donalds.



Nach einer kurzen Wanderung durch den schottischen Wald sitzen wir wieder im Bus. Es geht weiter zum Great Glen und zum Loch Linhe nach Fort William, weiter durch eine wunderschöne Landschaft - teilweise sind die Hänge mit lilafarbener Erika bedeckt - mittlerweile scheint schon wieder die Sonne, die nicht nur die Gesichter der Rotelianer leuchten läßt. Highlights liegen auf dem Wege - sie können nur erahnt oder teilweise im Fahren erpischt werden.



Auch unser Bus - wie so viele - erreicht nun Loch Ness. Das Wetter ist uns gesonnen, einen Schotten im Kilt sehen wir, eine weiße englische Parkbank auf dem sattgrünen gepflegten Rasen ... Fotos konnte ich machen, Zeit genug blieb mir, es tut mir gut, einige Momente für mich zu haben.

Nun geht es weiter zu Nessi. Auch wir suchen das Ungeheuer, das uns mit Sicherheit nicht die Ehre geben wird. Einige schauen sich die Video-Show an. Ich begebe mich in die Souvenir-Läden, lasse mir nicht entgehen zu sehen, wie die Touristen sich abzocken lassen.



Pünktlich geht es weiter - Pünktlichkeit ist übrigens eine weitere große Tugend unter den Rotelianern - wer zu spät kommt, wird bestraft - eine Busrunde wird fällig ...

Eine Reihe anderer Schönheiten präsentiert sich mir auf dem Weg nach Channich, der beschauliche, stille Ort, in dem wir campen werden.




17. August 1996

kurz nach 8.00 Uhr
Geplagt von Mückenstichen und blauen Flecken, gestärkt vom Frühstück im Freien und gefestigt durch den täglichen Spruch, den Uschi uns mit in den Tag gibt, fahren wir ins Glen Affric zum Wandern. Der Himmel ist bedeckt, ab und zu gibt er die Sonne frei und draußen herrschen angenehme Temperaturen - nicht zu kalt, nicht zu warm.

kurz nach 10.00 Uhr... was soll ich da noch sagen? Der fast zweistündige Spaziergang durch die unberührte Wildnis im Glen Affric liegt hinter mir. Ich nehme sie mit die Eindrücke, die mir diese Landschaft, so wie ich sie mir vorstellte - vermittelt hat. Genoß den weichen Wind, der über die blühende Heide und den von Tau besprengten Farn wehte und mich selbst zur Rührung brachte. Das ist das Schottland, wie ich es mir vorgestellt habe. Wenn die Mücken, die mich ab und zu zwickten, nicht gewesen wären, hätte ich annehmen können, das dies alles nur ein Traum gewesen sei.Wacklig geht es nun weiter mit Alois im Bus Richtung Inverness auf einer fast unberührten Küstenstraße.


12.25 Uhr
Befinde mich nun mittendrin im ehemaligen Schlachtfeld - hier in Culloden Moor.Touristen laufen umher und begehen den einst mit Blut besudelten Boden.1746 fand hier die letzte Schlacht der Jakobiter unter Bonnie Prince Charlie gegen die Hannoveraner statt.Das Areal ist mit niedrig gewachsener Heide bedeckt - sie blüht in ihrem schönsten Lila, teilweise umgeben von wilden Wiesen mit bunten Blumen. Die Sonne scheint und erinnert mich daran, daß Sommer ist - selbst hier in Schottland.Und wieder weht dieser Wind - ganz weich, nicht so rauh, wie ich es mir immer vorgestellt habe.


Heute habe ich viel Zeit für mich - und das ist auch gut so. Belohne mich mit schönen Fotos für die hinter mir liegenden "Strapazen".
Ich genieße ungemein, hier zu sein und freue mich darüber, daß heute erst der vierte Tag ist.


23.17 Uhr
Nun liege ich auf dem Bauch in meiner "Zelle". Der Whisky macht mich schläfrig, doch leider nicht so, daß ich das Schnarchen um mich herum nicht wahrnehmen kann. Heute abend war es sehr mild. Vor allem konnte man ohne weiteres draußen sitzen, und dieses Mal ohne Mücken, die einen ständig attackierten.
Ich weiß nicht, was mich abends vom Schlafen abhält: ist es wirklich das Schnarchen oder sind es die vielen Eindrücke, die ich im Laufe eines langen Tages vermittelt bekomme? Ich weiß es nicht, ich denke fast, daß es zweiteres ist - eigentlich ein schöner Grund der Schlaflosigkeit. Erfüllt von dem, was ich heute sah und erfahren konnte, liege ich nun hier, höre in der Ferne das Rauschen des Ness und freue mich nun schon auf morgen und auf das, was mir der neue Tag bringen wird. Eines weiß ich aber jetzt schon auf jeden Fall: es erwartet mich eine Rolle Schokoladenkekse. Die gibt es nämlich immer sonntags für alle Rotelianer. Vielleicht kann ich diese Nacht besser schlafen. Ich wünsche es mir, weil morgen früh doch schon wieder der Wecker um 5.30 Uhr klingelt.

18. August 1996

7.45 Uhr
"... drum strebe danach, glücklich zu sein!"

17.30 Uhr
... streben mußte ich nicht, um diesen Zustand heute zu erreichen. Der letzte Satz des Spruches von Uschi, den sie uns mit in den Tag gab, hat sich wie von alleine realisiert. Nur richtig hinschauen mußte ich - und das Glücksgefühl hat sich automatisch eingestellt. Selbst heute abend bin ich noch sprachlos - die Worte fehlen mir, um das zu beschreiben, was ich den ganzen Tag wahrgenommen habe. Es hat sozusagen alles das übertroffen, was bisher war. Beschreiben kann ich es im Nachhinein nur schwer, muß diese wundervollen Eindrücke erst einmal verarbeiten (Fahrt durch die einsamen Highlands entlang am Loch Maree zum Loch Gairloch und Loch Ewe, Inverewe Gärten mit ihren wunderschönen Blumen und Pflanzen, zwischendurch warmer weicher Regen, zweistündige Schiffahrt vom Hafen Ullapool beginnend vorbei an der malerischen Küste mit Papageientauchern und Robben ...).





Nun sitze ich im Bus - der einzige Ort, an dem man einigermaßen vor den Mücken sich schützen kann. Draußen beherrschen sie nämlich den Ort des Geschehens; draußen ist es warm, es hat eben einmal geregnet, doch das war nur von kurzer Dauer.
An die wunderlichen Blicke von Leuten, die unseren roten Reisebus mit Anhänger sehen, habe ich mich mittlerweile auch schon gewöhnt. Man scheint etwas Besonderes zu sein, ein Rotelianer eben, den man nicht alle Tage sieht.

Ich bin noch ganz voll von dem, was ich heute sah - so sehr, daß es mir schwerfällt, meine Gedanken in Worten zu fassen.

Deshalb werde ich jetzt aufhören. Nur eines möchte ich noch sagen: bisher war dies der schönste Tag

19. August 1996

kurz nach 8.00 Uhr
Gestern haben wir auf unserem Campingplatz in Ullapool, der direkt am Wasser gelegen war, bis 3.30 Uhr unter freiem Sternenhimmel gesessen !!! Auch das ist Schottland ...


Es ist kurz vor 22.00 Uhr.
Draußen regnet es, und ich liege auf dem Bauch in meiner Kabine, und langsam wird es mir wohlig warm. Es ist so schön, hier zu sein!

Heute morgen fuhren wir von Ullapool immer weiter Richtung Norden, vorbei an zerklüfteten Küsten, durch eine unberührte Bergwelt und an vielen Seen entlang. Die Höhle von Smoo haben wir besichtigt. Auf der Weiterfahrt sahen wir das Atomkraftwerk Dounreay. Aufenthalt in Thurso. Danach weiter hier her, nach John O. Groats, dem nordöstlichsten Ort der britischen Insel. Dieser Ort liegt wirklich traumhaft ... direkt am Wasser mit weißem Sand, Dünen, frei laufenden Schafen und ... Regen, also Schottland pur. Bei meinem vierstündigen (!) Spaziergang, selbst das Abendessen habe ich "sausen" lassen, vielen mir diese Worte ein:

"Und die Tropfen des Regens
werden sich in Tränen verwandeln ..."




20. August 1996

6.50 Uhr

Von meiner Kabine aus kann ich heute morgen schon das Wasser sehen und das Rauschen der Wellen hören. Es regnet nicht mehr, Nebel liegt schwer auf dem Wasser. Durch das geöffnete Fenster unmittelbar vor mir dringt wunderbar klare Luft ein. Heute morgen können wir bis 7.00 Uhr schlafen - eine Wohltat; selbst ich habe es genutzt, und es war die erste Nacht, in der ich endlich ein paar Stunden hintereinander schlafen konnte.

Um 8.45 Uhr geht das Schiff zu den Orkney-Inseln. Dort werden wir den ganzen Tag sein. Hoffentlich lichtet sich der Nebel, damit man wenigstens von all dieser Naturschönheit ganz viel mitbekommt.

22.45 Uhr
Die Orkney-Inseln waren ein weiteres Erlebnis: Scara Brae, das besterhaltenste Dorf aus der Zeit ca. 3000 v. Chr., Stromness, die beschauliche kleine hübsche Stadt mit vielen Fotomotiven, danach zum Ring of Brodgar. Anschließend nach Maes Howe, zum Kammergrab aus ca. 2700 v. Chr. mit der größten Runeninschriftensammlung der Welt. Aufenthalt in Kirkwall, der Hauptstadt der Insel mit Besuch in der St. Magnus Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert. Im Anschluß in die Bucht von Scapa Flow, in der die berühmte Selbstversenkung der deutschen Flotte nach dem 1. Weltkrieg unter Admiral von Reuther stattfand. Zum Abschluß Besuch der berühmten italienischen Kapelle.

Heute abend gab es ein wunderschönes Abendrot in John O. Groats. Mittendrin in Schottland - am nördlichsten Punkt. Zu viel erlebt, um alles aufzuschreiben. Ich höre das Rauschen des Wassers, fast ein bißchen unheimlich, wie die kleine Gardine in meiner Kabine hin und her schlägt.
Manchmal ist alles so unwahr - doch ich spüre den Wind, der mich fühlen läßt, daß ich gerade hier bin ...

















21. August 1996

Der Stein von John O' Groats

Gefunden - ihn -
den Stein
unter vielen gelegen.
Trage ihn nun
mit mir
in meiner Hand
die ihn umschließt
und hält.
Spüre, daß ich
nicht mehr allein bin.
Kraft strahlt von ihm
und Halt -
den er mir gibt.
Festhalten -
einander -
keiner ist allein.
Danke
Stein von John O' Groats


Nach einem wunderschönen Spaziergang im Nebel und Regen quer durch die Wiesen und zwischen Schafen hindurch zum Duncansby Head mit den Brutkolonien seltener Seevögel geht es jetzt weiter Richtung Wick, mit etwas Wehmut behaftet, weil es hier in John O. Groats besonders schön war.




22. August 1996

Gestern besuchten wir eine Caithness Glasbläserei. Danach war die Fahrt vom Norden zurück in Richtung Süden fast ein wenig traurig. Heraus aus der teilweise unberührten Natur hinein in größere Städte wie zum Beispiel Wick, dem wichtigsten Fischerei- und Ölhafen. Auf der Fahrt lag das Dunrobin Castle, der Stammsitz der Herzöge von Sutherland, das unsere Gruppe besichtigte.


Ich habe mich abgesetzt, um die ganze Zeit den schönen Garten zu genießen. Danach ging es weiter entlang dem Cromarty Firth mit einzelnen Öl- und Gasbohrinseln nach Inverness zu unserem Campingplatz, der direkt in der Stadt liegt. Es war schon ziemlich schockierend, diesen Wechsel aus der Natur in die Stadt am eigenen Leibe zu spüren.

Es folgen jetzt die Großstädte ...

23. August 1996

heute morgen ging es weiter über Ferness und Tomintoul in die Grampian Mountains und über Balmoral, dem Sommersitz der Königsfamilie, nach Braemar. Hier finden im Herbst die Hochlandspiele statt. Über Dundee und den Firth of Tay führte uns die Route nach St. Andrews.

Auf dem Programm stand der Besuch der ersten im Jahre 1412 gegründeten schottischen Universität und der Aufenthalt bei den Ruinen der alten Kathedrale (1160).

Und nun sitze ich gerade in der Sonne auf einem riesigen Sandsteinfelsen am Rande des weißen Strandes vor St. Andrews.


Wenn ich nach vorne schaue, sehe ich die "Skyline": graue Häuser, schmale hohe Fenster, viele Blumen in den gepflegten Vorgärten - und die schottische Fahne. Links schweift mein Blick in die Ferne: blauer Himmel, weiße dicke Wolken, Wasser, Strand und Felsen.



Und rechts - ja, da ist er: der legendäre Golfplatz mit dem berühmten Hotel, zu dem natürlich nur Mitglieder Zutritt haben. Mir wird dieses Gebäude verschlossen bleiben, kann ich mich schon stolz schätzen, ein Foto davon gemacht zu haben.


Es ist wirklich Sommer - selbst hier in Schottland - mit viel Sonne, Wärme und diesem weichen Wind, der mich seit Tagen schon begleitet ...

24. August 1996

21.43 Uhr

Ein etwas seltsamer Tag liegt hinter mir. Heute morgen ging es im Regen durch die schottischen Borders nach Melrose und zum Haus von Walter Scott, dem berühmten schottischen Dichter. Die Sonne entschied sich später doch für uns ... Ich genoß den Garten am Haus von Sir Walter Scott mit den wunderschönen Blumen. Danach ließen wir uns von dem Anblick der Ruine der Abtei von Melrose beeindrucken.

Am späten Mittag kamen wir in Edinburgh an. Oje, was für ein Schock. Überall Menschen, lautstark ziehend durch enge Straßen ..., da wünschte ich mir so sehr, wieder in der leisen Natur der Highlands zu sein. Selbst die Stadtrundfahrt mit ihren Sehenswürdigkeiten (Princess Gardens, New Town, Royal Mile mit Holyrood House, Castle) konnte mich in dieser Situation recht wenig beeindrucken. Nach kurzem Aufenthalt in dem Trubel verschwand ich auch dann relativ schnell auf unserem wiederum relativ ruhig gelegenen Campingplatz Little France.

Es war wirklich der absolute Alptraum, nach Tagen in wunderschöner Natur in eine ehemalige Weltkulturstadt einzutauchen ...

Eine gewisse Art der Trauer befällt mich ... und könnte ich doch jetzt nur zaubern, dann läge ich gerade nicht hier in meiner Kabine sondern säße ganz bestimmt irgendwo am einsamen Strand in John O. Groats oder am Wasser in Ullapool ...

25. August 1996

Edinburgh habe ich gerne hinter mir gelassen. Den Besuch beim "Tatoo" am Fuße der Festung werde ich als schöne Erinnerung mitnehmen.Wir fuhren über Bannockburn, hier siegte 1314 Robert "The Bruce" über die Engländer, nach Stirling Castle, das seit dem 12. Jahrhundert Sitz der schottischen Könige war.Weiterfahrt in die Trossachs und Wanderung in einmalig wilder Berglandschaft. In Dunblane besuchen wir die schöne Kathedrale im frühgotischen Stil mit normannischem Glockenturm.

26. August 1996

Heute morgen fuhren wir weiter nach Glasgow. Dort hatten wir eine kleine Stadtrundfahrt (St. George Square mit Rathaus, St. Mungo Kathedrale, Provands Lordship, ältestes Haus in der Stadt (1471), Universitätsviertel).
In der freien Zeit, die uns blieb, lief ich mehr oder weniger ziellos umher und fühlte mich bedroht von den grauen Häuserfassaden Glasgows.
Ich war erleichtert, als wir diese Stadt verließen.




Auf der Küstenstraße ging es weiter entlang dem Firth of Clyde nach Largs, wo 1263 die Wikinger von den Schotten besiegt wurden. Dann ging es weiter nach Ayr, dem Geburtsort von Robert Burns, dem schottischen Nationalhelden. Wir besuchten sein Geburtshaus und die berühmte Brigg O. Doon.





Danach ging es weiter nach Prestwick, zur letzten Station dieser Reise.

22.15 Uhr
Ich bin eben lange am Strand von Prestwick gelaufen. Traurigkeit hat mich begleitet und der Gedanke an morgen, Schottland verlassen zu müssen.

Höre die lauten Stimmen aus dem Pub, der sich neben dem Campingplatz befindet. Mir ist nicht danach zumute, mich mit den anderen zu unterhalten. Möchte für mich sein in diesen letzten Stunden, die mir bleiben, in der Einsamkeit, hier am Wasser und am Strand in Prestwick ...



27. August 1996

8.05 Uhr
Gestern abend bin ich dann doch noch mal los zum Spaziergang am Wasser bei Fast-Vollmond und Sternenhimmel. Ein letztes Mal Schottland spüren ...




13.10 Uhr
Es ist vorbei. Richtung Bonn sitze ich nun im Zug, es geht heim. Hinter mir lasse ich eine wunderbare Zeit, die ich leider nur als Erinnerung mitnehmen kann. Schottland ist so schön !!!Viele viele Eindrücke gibt mir dieses Land mit, die es erst einmal zu verarbeiten gilt. Sicherlich waren die letzten Tage schon auch mit einer gewissen Art von Wehmut behaftet. Einerseits, weil wir wieder in einer Großstadt mit entsprechender Hektik waren, andererseits, weil ich wußte, daß sich die Reise dem Ende nähert.Ganz besonders gerne werde ich mich an die Zeit erinnern, die ich in den Highlands, in Ullapool und in John O. Groats verbracht habe. Selbst heute, am Tag der Heimreise, kommt mir manchmal alles noch so unrealistisch vor.

Frage mich, wo die Zeit geblieben ist. Schaue dabei aus dem Zugfenster, sehe den Rhein und die Weinberge, auch eine schöne Landschaft. Doch wenn ich an die Natur in Schottland denke, haften mir unverwechselbare Bilder vor Augen.

Eine Natur, wie ich sie vorher so noch nicht gesehen hatte.
Eine Natur, die mich mit ihrem Zauber in ihren Bann zog.
Eine Natur, die - wenn ich sie wahrnahm - mich glücklich machte.

Langsam werde ich müde.
Die Strapazen der letzten Tage - das fortwährend frühe Aufstehen und die vielen Buskilometer (2540 km) - machen sich bemerkbar.

Sicher weiß ich, das dieses Mal eine Reise zu Ende geht, die mir eine andere Art der Erholung vermittelt hat. Eine Reise, in der es viele Momente der Stille gab, viele Momente der Wahrnehmung mit allen Sinnen, aber auch viele Momente der inneren Einkehr ...